Gold ist kein Investment. Es ist ein Misstrauensvotum.
Viele Marktkommentare behandeln Gold inzwischen wie eine ganz normale Assetklasse. Da tauchen dann vertraute Formeln auf: Allokationsempfehlungen von zehn bis zwanzig Prozent, Kursziele von 3.500 oder 4.000 Dollar, die Einordnung zwischen Unternehmensanleihen und dividendenstarken Aktien. In dieser Logik wird Gold zu einem weiteren Baustein im Baukasten des Portfoliomanagers – messbar, kalkulierbar, mit Renditeerwartung versehen. Das Problem: Genau damit verfehlt man den Kern. Gold ist kein Investment im klassischen Sinn. Es wirft keine Zinsen ab, keine Dividenden, es wächst nicht durch Innovation oder Produktivität. Wer Gold in die gleiche Schublade legt wie Aktien oder Bonds, verwechselt die Rolle. Gold ist nicht dafür da, deine Performance zu steigern. Es ist dafür da, dein System am Leben zu halten, wenn alles andere implodiert. Die entscheidende Beobachtung: Zentralbanken kaufen nicht Rekordmengen Gold, weil es sich in einer Excel-Tabelle so hübsch diversifizieren lässt. Sie kaufen es, weil das Vertrauen in Schuldtitel – und damit in das Fundament unseres Geldsystems – bröckelt. Frankreich zahlt höhere Zinsen als Griechenland, die USA verschulden sich ins Absurde, China reduziert massiv Dollarbestände. Das sind keine „Schwankungen“, das sind Risse im Fundament. Gold ist die einzige Reserve, die nicht auf der Solvenz eines Schuldners basiert. Es ist das Asset, das sich weigert, ein Versprechen zu sein. Keine Gegenpartei, kein Default-Risiko. In einer Welt, in der alles politisiert und verschuldungsgetrieben ist, liegt die Kraft von Gold genau darin, nichts zu versprechen – außer seine physische Existenz. Wer also Gold mit Renditeprognosen rechtfertigt, hat das Spiel nicht verstanden. Der Wert von Gold liegt nicht im Preisziel, sondern in seiner Unzerstörbarkeit. Man hält es nicht, um reicher zu werden, sondern um nicht ruiniert zu werden. Und vielleicht ist das der eigentliche Paradigmenwechsel: Nicht mehr die Frage „Wie viel Rendite bringt Gold?“, sondern „Wie viel Vertrauen ist im System noch übrig?“