Das Silver Institute liefert erneut den Beweis dafür, was jeder ernsthafte Investor längst weiß: Selbst wenn die industrielle Nachfrage temporär einbricht, bleibt Silber strukturell knapp. Dieses Jahr sinkt der Verbrauch um 4 Prozent. Und trotzdem klafft ein Defizit von 95 Millionen Unzen.
Das ist der Punkt, an dem die meisten Marktbeobachter nervös räuspern.
Denn ein Markt, dessen Nachfrage fällt und der trotzdem tief im Minus läuft, ist kein normaler Markt. Er ist chronisch unterversorgt.
Silber notiert aktuell bei rund 50,75 Dollar. Ein Rückgang von der 54-Dollar-Marke, klar. Aber gleichzeitig ein Jahresplus von 76 Prozent. Das nennt man Antifragilität: Ein Gut, das durch Druck stärker wird. Während Industrie und Schmuck nachgeben, steigt die Investitionsnachfrage massiv an. Die ETFs saugen 187 Millionen Unzen auf, weil Anleger begriffen haben, dass wirtschaftliche Unsicherheit, Stagflation und geopolitische Brüche kein Kapitalklima für Vertrauen in Papiergüter sind.
Ob Photovoltaik, Schmuck oder Besteck: Alle Segmente melden Rückgänge. Und dennoch kippt der Markt nicht. Er spannt sich. Die Abflüsse aus Lagerhäusern in London, die Engpässe in der Lieferkette, die gegensätzliche Bewegung zwischen US-Überhängen und indischem Nachfrageboom erzeugen ein Geflecht, das immer schwerer zu kontrollieren ist. Ein Markt, der nicht mit Überschuss reagiert, sondern mit Knappheit. Ein Markt, der Preisunterdrückung über Papier braucht, um nicht zu explodieren.
Wenn Analysten jetzt flüstern, Silber könne bis 2026 die 60-Dollar-Marke erreichen, unterschätzen sie das strukturelle Momentum. Diese Prognose basiert auf der Annahme, dass das System stabil bleibt. Aber Stabilität ist keine Eigenschaft. Sie ist ein Zustand kurz vor der Veränderung.
Silber bleibt im Defizit, selbst wenn die Wirtschaft schwächelt. Und das ist das eigentlich brisante Detail: Ein Gut, das in schlechten Zeiten knapp ist, wird in guten Zeiten nicht plötzlich reichlich vorhanden sein.
Vielleicht ist genau das der blinde Fleck der Märkte:
Dass sie über Rekordinstallationen im PV-Sektor sprechen, aber nicht darüber, was passiert, wenn echte Nachfrage auf ein strukturell ausgedünntes Angebot trifft.
Wer versteht, wie Märkte mit echter Knappheit reagieren, erkennt sofort:
Hier arbeitet nicht der Preis gegen das Metall.
Hier arbeitet das Metall gegen das System.