358 zu 1 bei Silber.
140 zu 1 bei Gold.
Diese Zahlen sind kein statistischer Ausreißer. Sie sind das Röntgenbild eines Finanzsystems, das sich selbst belügt und hofft, niemand merkt es.
Ich erinnere mich an ein Treffen mit einem Vermögensverwalter, der stolz seinen “physischen” Silber-ETF präsentierte. Er hatte dieselbe Aura wie jemand, der im brennenden Haus den Feuerlöscher aus Papier holt. Das System hat ihn so erzogen: mehr Derivate, mehr Hebel, mehr Claims auf Güter, die es nicht in dieser Menge gibt.
Die beigefügten Charts zeigen genau das: Papiermetall hat das physische Metall nicht ergänzt, sondern ersetzt. Heute existieren hunderte Ansprüche auf denselben Barren, dieselbe Unze, denselben verdammten Kilo-Klotz. Das ist kein Markt. Das ist Fractional-Reserve-Bullion. Ein künstliches Schattensystem, das sich nur durch eines erhält: Hoffnung, dass niemand physisch ausbezahlt werden will.
Gestern Morgen kam es zu einem dieser typischen Ereignisse, die für Außenstehende wie ein „Zufall“ aussehen, für Insider aber der Normalzustand sind:
Plötzlich wurden 83.000 Terminkontrakte Gold auf den Markt geworfen.
Das entspricht 8,3 Millionen Unzen oder rund 34 Milliarden Dollar.
Keine fundamentale News. Keine Zentralbank, die Good-Delivery-Barren rauswirft. Kein Schwarm Privatanleger, der plötzlich seine Unzen verkauft.
Es war schlicht Papiergold.
Nicht gedeckt. Nicht lieferbar. Nicht real.
Ein Knopfdruck.
Der Effekt: Der Goldpreis rauschte um 2,09 Prozent nach unten.
Nicht, weil das Metall weniger wert wurde, sondern weil jemand beschlossen hat, gigantische Mengen synthetischer Claims in den Markt zu feuern.
Das Gleiche bei Silber:
29.000 Kontrakte.
145 Millionen Unzen.
7,5 Milliarden Dollar in einem Rutsch.
Preisrutsch: 3,24 Prozent.
Und wieder: keine Änderung der Fundamentaldaten.
Nur Papier, das den physischen Markt unterdrückt, weil man mit Nullen im System die Realität kurzfristig dominieren kann.
Das zeigt die ganze Konstruktion: Papiermetalle schaffen eine künstliche Preiswelt, die mit der Knappheit des physischen Marktes wenig zu tun hat. Ein 358:1- oder 140:1-System kann gar nicht anders funktionieren. Es muss den echten Preis runterziehen, um die Illusion der Kontrolle zu bewahren.
Und jetzt kommen wir zu ETFs und ETCs, dem Goldhamster unter den Finanzprodukten.
Viele Anleger denken: ETF = sicher.
Sie übersehen dabei drei Punkte, die im Kleingedruckten versteckt sind wie Minen im Acker:
- Du besitzt nicht das Metall, du besitzt einen Anspruch auf Metall.Juristisch ist das ein Unterschied wie zwischen Haus besitzen und auf die Zusage eines Maklers vertrauen, dass er dir “irgendwann eins besorgt”.
- Die meisten Gold- und Silber-ETFs haben keine vollständige physische Hinterlegung.Sie arbeiten mit Swaps, Derivaten, Kontrahentenrisiken. Perfekt für Leute, die glauben, Robustheit entstehe durch Komplexität.
- ETCs sind Schuldverschreibungen.Das bedeutet: Du bist Gläubiger. Fällt der Emittent, fällt dein Vermögen mit. Der Metallbestand ist oft nicht getrennt verwahrt, oft nicht zu 100 Prozent vorhanden und in Stressphasen garantiert nicht in der Menge verfügbar, die das Prospekt verspricht.
Wenn ein ETF schreibt “physisch hinterlegt”, heißt das selten, dass jeder Anteil durch echtes Metall gesichert ist. Es heißt: Es gibt irgendwo Metall, theoretisch, vielleicht, und mehrere Marktteilnehmer haben anteilige Ansprüche darauf. Im Ernstfall gewinnt der, der als Erster anklopft. Antifragilität sieht anders aus.
Warum hältst du ein Produkt, das im Krisenfall exakt dann versagt, wenn du es brauchst?
Papiermetalle sind transformierte Risiken.
Sie geben dir das Gefühl von Sicherheit, indem sie die Unsicherheit hinter struktureller Komplexität verstecken. Das System ist stabil, solange niemand die Illusion berührt. Aber Stabilität ist nicht Resilienz. Und Resilienz ist nicht Antifragilität.
Physisches Metall hingegen ist brutal ehrlich.
Kein Kontrahentenrisiko.
Kein Emittent.
Keine Derivate.
Nur Masse, Dichte und Eigentum.
Es ist langsam, unromantisch, altmodisch. Genau deshalb überlebt es.
Die eigentliche Frage ist nicht: “Wie hoch ist die Papierquote?”
Sondern:
Was passiert, wenn nur 5 Prozent der Anleger das Metall sehen wollen, das sie angeblich besitzen?
Die Antwort gefällt niemandem, der in PDFs investiert statt in Unzen.
Am Ende führt genau diese Logik zu einer einfachen, unangenehmen Wahrheit: TINA.
There Is No Alternative.
Wer echte Wertaufbewahrung sucht, landet zwangsläufig bei physischem Metall. Nicht, weil es romantisch ist. Nicht, weil es bequem ist. Sondern weil alle anderen Optionen von Bedingungen abhängen, die du weder kennst noch kontrollieren kannst. Edelmetalle brauchen keinen Emittenten, keinen Treuhänder, keinen politischen Zeitgeist. Sie existieren einfach. Und das reicht.
TINA bedeutet aber auch, dass man die Schläge aushalten muss. Die plötzlichen Papierattacken. Die künstlich erzeugten Preisrückgänge. Die Volatilität, die nichts mit dem realen Markt zu tun hat, sondern mit der Laune derjenigen, die 83.000 Goldkontrakte in einer Minute aus dem Nichts auftauchen lassen können. Diese Schwankungen sind kein Zeichen von Schwäche, sondern das Hintergrundrauschen eines Systems, das verzweifelt versucht, die Illusion der Kontrolle aufrechtzuerhalten.
Wer das versteht, erkennt: Die langfristige Perspektive bleibt brutal eindeutig.
Für diejenigen, die echtes Metall besitzen, arbeitet die Zeit.
Für die, die Papier halten, arbeitet sie dagegen.
Vielleicht ist das die einzige Konstante, auf die man sich verlassen kann.