Fasst euch mal an den Kopf: Wir leben in einer Gesellschaft, in der jemand, der wenig Geld hat, als sozial schwachbezeichnet wird – während ein korruptes Vorstandsmitglied mit Millionenabfindung als sozial kompetent durchgeht, weil er beim Golfspielen lächelt und drei Fremdsprachen kennt.
Nein. Armut ist kein Charakterfehler. Und auch keine soziale Inkompetenz.
Es ist oft das Ergebnis struktureller Gewalt, fehlender Bildung, Pech, Krankheit, Herkunft – oder einfach eines Systems, das lieber Symptome etikettiert als Ursachen bekämpft.
Ich kenne Menschen mit wenig Geld, die sich für andere aufopfern, zuhören, helfen, anpacken.
Und ich kenne Menschen mit siebenstelligen Depots, die weder Mitgefühl noch Haltung besitzen – aber regelmäßig „soziale Verantwortung“ in Interviews predigen.
Wer von beiden ist bitte „sozial stark“?
Der Begriff sozial schwach ist ein Etikett für bequemes Wegsehen.
Er ersetzt Denken durch Schublade.
Er schützt nicht die Schwachen, sondern das Narrativ der Starken.
Vielleicht ist es an der Zeit, sprachlich aufzuräumen – bevor wir anfangen, Menschlichkeit zu quantifizieren.
Denn wenn sozial etwas mit Verantwortung gegenüber anderen zu tun hat, dann ist unsere Gesellschaft vor allem eines: reich an Kontoständen, aber arm an Haltung.
Und das sollte uns Sorgen machen.