Weil das Patriarchat ja bekanntlich im Substantiv wohnt.
Stell dir vor, die Welt brennt. Schuldenexplosion, Rentenloch, Bildungskatastrophe. Und was machen wir?
Wir diskutieren über das Binnen-I.
Oder ob „Bürgerinnen und Bürger“ nicht doch zu binär klingt.
Oder ob man statt „Schüler“ lieber „Lernende“ sagt – natürlich mit Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt. Hauptsache, es klingt maximal gestelzt und moralisch überhöht.
Herzlichen Glückwunsch. Wir haben Sprachästhetik zur Ersatzreligion gemacht.
Der neue Volkssport heißt: Wer ist am korrektesten im Deklinieren von Gefühlsempfindlichkeiten.
Dass das niemand mehr versteht? Geschenkt.
Dass man in Satzungetümen erstickt, bevor ein Gedanke fertig ist? Egal.
Hauptsache, man ist sprachlich auf der richtigen Seite der Geschichte.
Sprache verändert Realität, sagen sie.
Klar. Und wenn ich mein Konto als „Wohlstandsspiegel“ bezeichne, bin ich dann reich?
Wirklich spannend: Während mancher Bürgermeister krampfhaft „Bürger:innenmeister:in“ sagt, um bloß niemanden zu verletzen, explodieren die Ausgaben, verrotten Schulen und steigen Kriminalitätszahlen.
Aber hey – die Sprache ist korrekt.
Und wer dagegen ist, ist automatisch – Achtung Kampfbegriff – rechts.
Fragen nach Funktionalität oder Klarheit?
„Problematisch.“
Rückfragen zur Akzeptanz?
„Transfeindlich.“
Ironie?
„Ableistisch.“
Mein Denkrest:
Die Sprache ist längst nicht mehr Mittel zur Verständigung.
Sie ist Waffe, Ausweis und moralisches Exerzitium geworden.
Und während wir uns gegenseitig in gendergerechter Kommasetzung zerfleischen, schaut das System zufrieden zu – denn wer sich mit Sternchen beschäftigt, stellt keine unbequemen Fragen mehr.
Sprache schafft Wirklichkeit?
Dann schaff doch mal Gerechtigkeit. Aber diesmal wirklich.