Demokratie als Beute – mit Rentengarantie
Er steht jeden Morgen um 4:45 Uhr auf. Seit 42 Jahren. Maurer, 65 Jahre alt, Handgelenke hinüber, Rücken im Eimer. Die Gelenke knirschen, der Kalender ist leer. Er weiß, dass die Stromrechnung kommt – aber nicht, wie er sie bezahlen soll. Luxus? Ein warmes Bad. Eine neue Hüfte. Oder einfach ein bisschen Würde im Alter.
Zur selben Zeit, in klimatisierten Landtagsgebäuden, wird Geschichte geschrieben – allerdings nicht die Sorte, die später in Schulbüchern landet. Am 16. Juli 2025, zwischen 15:37 und 15:39 Uhr, wurde im Brandenburger Landtag ohne jede Debatte ein Gesetz durchgewunken, das Abgeordneten nach zehn Jahren im Parlament über 2.300 Euro monatliche Rente garantiert. Einfach so. Während draußen die Menschen diskutieren, ob sie im Winter heizen oder essen sollen, feiern drinnen alle Fraktionen gemeinsam die große Einigkeit: SPD, CDU, AfD, FDP, BSW – 88 von 88 Stimmen für die Selbstbedienung. Einstimmig. Kollektive Moralabschaltung im Parlament.
Die Begründung? Natürlich die altbekannten Floskeln: gestiegene Lebenshaltungskosten, Inflation, faire Anpassung. Komisch nur, dass für den Maurer keine Dynamisierung vorgesehen ist. Er bekommt nach zehn Jahren Malochen, wenn’s hochkommt, 376 Euro gesetzliche Rente – brutto, versteht sich. Die Differenz zu den Parlamentariern? Mehr als eine warme Mahlzeit. Mehr als nur ein symbolisches Schulterzucken. Es ist die kalkulierte Verachtung gegenüber denen, die das System tragen – aber es nie gestalten dürfen.
Nassim Taleb nennt so etwas „kein Skin in the Game“. Entscheidungen werden getroffen – aber die, die sie treffen, tragen kein Risiko. Sie sitzen im Warmen, entscheiden über Gesetze, Diäten, Renten – und lachen sich ins Fäustchen, wenn die Rechnung am Ende bei anderen landet. Wer keinen Einsatz leisten muss, hat auch kein Recht auf Belohnung. Wer sich absichert, während andere bluten, handelt nicht im Sinne der Gemeinschaft – sondern als Kleptokrat im Dienstsiegel-Mantel.
Und das ist das eigentlich Absurde: Dieses Land feiert sich für seine demokratische Vielfalt, für seine Debattenkultur, für seine Kontrolle durch Opposition. Aber wenn es ums eigene Portemonnaie geht, sind plötzlich alle Parteifarben gleich: solidarisch, einstimmig, gut genährt. Wenn selbst eine Partei wie die AfD, die sich sonst als rebellische Kraft gegen „das System“ inszeniert, bei der eigenen Altersversorgung brav mitstimmt – dann ist klar: Hier endet das Theater, hier beginnt das Kartell.
Es geht längst nicht mehr um politische Differenzen. Es geht um eine Klasse, die sich gegenseitig schützt, versorgt und auf ewig absichert. Eine politische Kaste, die das Wort „Verantwortung“ nur dann in den Mund nimmt, wenn es sich gut auf Wahlplakaten macht – aber nie dann, wenn es konkret wird. Verantwortung für Entscheidungen? Gibt’s nicht. Rücktritt bei Versagen? Fehlanzeige. Konsequenzen? Tragen andere.
Die Ethik? Ein Feigenblatt. Abgelegt, wenn’s unbequem wird. Verbrannt, wenn’s um Geld geht. Was zählt, ist Absicherung. Und die beginnt nicht mit ehrlicher Arbeit, sondern mit der richtigen Parteizugehörigkeit. Politik als Karriereweg, nicht als Dienst. Der Landtag als Altersheim mit Fünf-Sterne-Verpflegung.
Und der Bürger? Der zahlt. Der hält still. Der zuckt mit den Schultern, weil er gelernt hat, dass man gegen „die da oben“ sowieso nichts tun kann. Es ist diese Resignation, die das System am Leben hält. Es ist unsere Gleichgültigkeit, die sie schützt. Und es ist unser Schweigen, das sie legitimiert.
Vielleicht ist das der eigentliche Skandal: Nicht, dass sie sich bedienen – sondern dass wir es dulden. Dass wir lieber noch eine Runde Netflix schauen, statt uns zu empören. Dass wir uns mit Brotkrumen abspeisen lassen, während sie sich den ganzen Kuchen nehmen – plus Sahne.
Taleb würde sagen: Ein System, das keine Strafe für Irrtümer kennt, produziert Tyrannei. Ich sage: Ein System, das Versagen belohnt und Ehrlichkeit bestraft, hat jede Legitimität verspielt. Wer noch glaubt, dass diese Art von Politik der Allgemeinheit dient, sollte sich fragen, wann er das letzte Mal vom System profitiert hat – ohne Mandat, ohne Titel, ohne Netzwerke.
Aber hey – Hauptsache, die Sitzung war pünktlich zu Ende. Zwei Minuten Abstimmung. Null Minuten Gewissen. Willkommen in Brandenburg. Willkommen in der Realität.
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Ronny Wagner
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