Der Spiegel des Meeres 🌊
Als Mara an diesem Morgen in ihrem Auto saß, auf dem Weg zur Küste, fühlte sie sich zum ersten Mal seit Monaten frei. Keine endlosen E-Mails, kein nervöses Tippen auf der Tastatur, kein Meeting, das sie in Atem hielt. Der Chef hatte sie mit einem Sonderurlaub überrascht, fast so, als hätte er gespürt, dass sie kurz davor war, innerlich auszubrennen.
Seit die Tochter ausgezogen war, war das Haus still geworden, zu still. Ihre Trennung lag ein Jahr zurück, und der Job war wie ein Gerüst gewesen, das sie aufrecht hielt. Doch sie wusste: Dieses Gerüst konnte nicht ersetzen, was ihr Herz so dringend suchte.
Als sie am späten Nachmittag die Küste erreichte, empfing das Meer sie mit dem Duft von Salz und Weite. Der Himmel färbte sich in warmes Orange, Möwen zogen ihre Kreise, und das Rauschen der Wellen klang wie ein Versprechen: Hier wirst du finden, wonach du suchst.
Mara mietete ein kleines Zimmer in einem alten, weiß getünchten Gästehaus, dessen Fensterläden im Wind klapperten, stellte ihren Koffer ab und ging sofort hinunter an den Strand.
Die Sonne stand tief, das Meer glitzerte wie flüssiges Gold.
Mara setzte sich in den warmen Sand, spürte die Körner zwischen ihren Fingern und sah hinaus auf die Wasseroberfläche. Sie erwartete Ruhe – und bekam mehr als das.
Zunächst nur ein Gefühl: ein leiser Ruf, wie ein ferner Gesang.
Sie begann zu meditieren, schloss die Augen, atmete tief ein, ließ los, was sie belastete. Mit jedem Atemzug schien die Welt stiller zu werden.
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, wie sich das Licht auf dem Wasser veränderte.
Die Wellen glitzerten nicht mehr zufällig. Sie formten Bilder.
Zuerst ihr eigenes Gesicht, dann Szenen aus ihrem Leben: Lachen mit ihrer Tochter, Nächte voller Gespräche mit dem Partner, Spaziergänge im Regen, Kindheitserinnerungen an Sommertage voller Freiheit. All das flackerte auf der Wasseroberfläche wie in einem lebendigen Traum.
Und dann erschien sie – eine Gestalt aus Licht und Wasser, kaum greifbar, eher ein Leuchten als ein Körper.
„Warum suchst du im Außen?“, fragte die Gestalt mit einer Stimme, die klang wie Wind und Wellen zugleich.
Mara schluckte. Sie wollte antworten, doch die Stimme fuhr fort:
„Alles, wonach du dich sehnst, liegt hier.“
Ein Finger aus Licht zeigte auf ihre Brust, auf ihr Herz.
In diesem Moment brach etwas in ihr auf, wie ein Damm, der zu lange gehalten hatte. Tränen liefen über ihre Wangen, und mit ihnen spülte das Meer all die Härte, all die Rastlosigkeit aus ihrem Inneren.
Da war plötzlich nur noch Frieden.
Eine warme Welle von Dankbarkeit durchflutete sie. Dankbarkeit für ihre Tochter, die nun ihr eigenes Leben lebte. Für die Liebe, die gewesen war, und die Erinnerungen, die ihr niemand nehmen konnte. Für all die Erfahrungen, die sie geformt hatten.
Und zum ersten Mal seit Langem spürte sie auch Dankbarkeit für sich selbst. Für ihren Mut, für ihre Stärke, für den neuen Weg, der nun vor ihr lag.
Die Wasseroberfläche wurde wieder still. Die Lichtgestalt verschwand.
Doch in Mara leuchtete etwas weiter, etwas, das nicht mehr verlöschen würde.
Als sie später den Strand verließ, wehte der Wind sanft durch ihr Haar. Der Himmel war inzwischen violett, die ersten Sterne blitzten auf, und Mara spürte eine tiefe, stille Freude.
Sie wusste: Dieser Urlaub war mehr als nur eine Pause. Er war der Beginn einer neuen Zeit – voller Vertrauen, Klarheit und leiser Vorfreude auf alles, was noch kommen würde.
Und während sie die warme Nachtluft einatmete, hatte sie das Gefühl, das Meer selbst hätte ihr seinen Segen gegeben.
Erika Hensellek, Autorin (c) 9/2025
Wer tiefer einsteigen möchte kann sich gerne mit den reflektierenden Fragen beschäftigen:
Innere Stimme:
Wann habe ich zuletzt bewusst auf meine innere Stimme gehört – und was hat sie mir gesagt?
Dankbarkeit:
Für welche Erfahrungen meines bisherigen Lebens bin ich heute besonders dankbar, auch wenn sie damals vielleicht schmerzhaft waren?
Loslassen:
Was darf ich jetzt loslassen, um Raum für Neues in meinem Leben zu schaffen?
Innere Klarheit:
Welche Fragen in meinem Leben könnten eine Antwort in mir selbst haben, statt im Außen?
Neubeginn:
Wenn ich morgen mit einer neuen inneren Klarheit starten könnte: Was wäre mein erster Schritt?
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Erika Hensellek
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Der Spiegel des Meeres 🌊
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